Alles hatte damit begonnen, als ich bei uns in Hornberg in den Zug einstieg, der mich zum Köln-Bonn-Airport brachte. Von dort aus flog ich mit Germanwings nach Athen. In Athen angekommen stand erst einmal Zimmersuche auf dem Programm. Ich lag gut in der Zeit, denn der Flieger landete in Athen um 10 Uhr (Ortszeit) und ich wollte unbedingt auf die Akropolis und in die Altstadt. Also das Bett war eingerichtet und umgezogen hatte ich mich auch noch schnell. Mit der Metro fuhr ich bis zur Haltestelle der alten Festung, von wo aus es zu Fuß weiter ging. Ich kann mich noch genau erinnern wie ich mich umgeschaut hatte, um zu schauen wo sie steht, denn man sollte sie ja eigentlich nicht übersehen. Und da war sie, die Akropolis mit ihrem riesigen Ausmaß.
Hoch über den Dächern Athens thronen die Ruinen, der zwischen 467 v. Chr. und 406 v. Chr. erbauten Tempeln Propyläen, das Erechtheion, der Niketempel und der Parthenon Tempel in dem eine Statue der Göttin Athene gestanden haben soll. An der Kasse kaufte ich eine Combo- Karte für noch weitere Sehenswürdigkeiten wie den Olympischen Zeustempel. Es ist richtig schön, wenn man durch die Gassen geht und ständig alte verfallene Ruinen sieht. Ich versuchte mir die damaligen Ausmaße und die Umgebung vorzustellen. Dies fiel mir nicht leicht als ich den eher klein wirkenden Erechtheion neben dem massiven Parthenon sah.
Das Erechtheion, der mehreren Göttern und mythischen Helden der Stadt geweiht wurde, ist deutlich besser erhalten als der Parthenon. Auf der südlichen Seite sind Frauengestalten (Karyatiden) zu sehen, die die Säulen ersetzen. Auf der Westseite ist die erhaltene Mauer (zum Teil mit neuem Stein ersetzt) noch mit den original runden Säulen und den Steinleibungen zu erkennen.
Der Stein wurde über die Jahrtausende vom Zahn der Zeit geprägt. Jedoch sind Verziehrungen, die Symbole verschiedenen Formen und sogar Menschennachbildungen noch erhalten und zu erkennen, auch an dem sehr hohen Giebel des Parthenon. Manche Ruinen wurden von den Archäologen rekonstruiert, was einiges an Zeit und Geld beanspruchte. So auch der Parthenon, der zum Teil eingerüstet war. Ein schwerer alter weißer Kran diente zur Fortbewegung der gigantischen Steine.
Auf dem Weg zurück ins Hotel, hatte ich mir in einem kleinen Supermarkt noch etwas zum Essen und Trinken mitgenommen und den ersten Tag zu Ende gehen lassen.
Am nächsten Morgen nach einem kleinen Frühstück beglich ich die Rechnung. Die Sonne prallte schon früh auf die Dächer Athens herunter. Vom Hotel aus lief ich zum Bahnhof Larissa. Das Interrailticket war jedoch erst in zwei Tagen gültig, sodass ich ein Zugticket bis Korinth löste. Langsam fuhr der Zug durch die ganzen Vororte. Es dauerte ca. eine Stunde bis ich das Meer auf der rechten Seite sah. Die erste Zugfahrt verlief sehr gut. Das Kichern der beiden Frauen neben mir vermischte sich mit den Geräuschen des ruckenden und wackelnden Zuges. Ich wunderte mich nur, denn der IC, in dem ich saß, erinnerte mich eher an einen Regional-Express wie ich ihn aus Deutschland kannte. Für die fast zwei Stunden Zugfahrt bezahlte ich sechs Euro.
Der Kanal von Korinth wurde 1893 fertig gestellt. Da der Kanal künstlich angelegt wurde, wird Peloponnes als Halbinsel bezeichnet. Der Kanal ist 6.346 Kilometer lang und misst an der Wasseroberfläche 24 Meter Breite. Er verkürzt die Strecke der Schiffe um 400 Kilometer. Über ein der Brücke fuhr ich damals kurz bevor ich den Bahnhof in Korinth erreicht hatte.
Die Züge fuhren von Korinth aus nur in Richtung Patra und zurück nach Athen. Aus Athen bin ich ja gekommen und zweimal wollte ich nicht dieselbe Zugstrecke zurücklegen. Ich beschloss mit dem Bus durch das Landesinnere in Richtung Süden zu fahren. Im Bus löste ich ein Ticket nach Argos. Der Bus fuhr durch weite Täler die mit Zitrus- und Olivenbäumen bewachsen waren. Gelegentlich stoppten wir in kleinen Dörfern, in denen Einheimische zustiegen. Am frühen Abend fand ich meinen Nachtplatz außerhalb der Stadt Argos auf einer Anhöhe unterhalb eines Ausgrabungsplatzes. Zum Sonnenuntergang hatte ich meine Erlebnisse in das Tagebuch geschrieben. Unter dem klaren Sternenhimmel schlief ich in dieser Nacht ein.
Am nächsten Morgen fuhr der Bus Richtung Kalamata ab. Auch dieses Ticket hatte ich im Bus gelöst. Aus den Lautsprechern ertönte griechische Musik. Berge zogen an uns vorbei, meistens mit kargen Felsen. Ab und zu wechselten sich Buschlandschaften mit kleinen Bäumen ab. Am späten Nachmittag fuhr der Bus in Kalamata ein. Für diese 236 Kilometer bezahlte ich 6,20 Euro. Im Zentrum fand ich ein kleines Geschäft in dem ich mir eine Gaskartusche für meinen Kocher kaufen konnte. Bei einer Unterhaltung mit dem Ladenbesitzer erfuhr ich von dem Campingplatz Patista. Am Stadtrand im Schatten unter den Zitrusbäumen, die die Wiese säumten stellte ich mein Zelt auf. Bei Sonnenuntergang saß ich am Strand, trank ein Bier und verspeiste die Pizza Roma vom Italiener gegenüber. Während ich einschlief, lauschte ich dem rauschenden Mittelmeer.
Den Vormittag hatte ich am Hafen verbracht. Arbeiter reinigten den Rumpf verrosteter Fischkutter. Andere schweißten und verpassten ihm einen neuen Anstrich. Ein älterer Mann saß mit seiner Angelrute auf den großen Steinen an der Mole.
Gegen Nachmittag lief ich zurück zum Bahnhof. Seit heute war mein Interrailticket gültig. Da mein Interrailticket nur 21 Tage Gültigkeit hatte, legte ich den Termin auf den dritten Reisetag. In Griechenland sind die öffentlichen Verkehrsmittel deutlich günstiger als in Italien oder Frankreich.
Am Bahnhof von Kalamata, mit seinen roten Kacheln auf dem Boden, traf ich auf Floh und Natalie. Die beiden waren, wie ich, mit dem Interrailticket unterwegs in Richtung Türkei. Wir stiegen zusammen in den Zug nach Patras ein. Am Abend fuhr der Zug in Kaiafas ein. Ein kleines Dorf an der Westküste der Halbinsel Peloponnes. Spontan entschieden wir uns hier auszusteigen und den Abend am Strand zu verbringen. In einem kleinen Laden etwas entfernt vom Bahnhof kauften wir etwas Käse und frisches Olivenbrot ein. Zurück am Bahnhof hatten wir nur die Gleise zu überqueren und schon standen wir am Strand mit der tosenden Brandung. Versteckt in den Büschen machte ich einige Zelte aus. Wir waren offensichtlich nicht die einzigen in diesem kleinen Paradies. Wir beschlossen das kleine Zelt von Flo und Natalie aufzubauen, in dem wir unsere Rucksäcke legten. Wir selbst schliefen draußen auf den Isomatten unter dem Sternenhimmel. An diesem Abend erlebte ich einen der schönsten Sonnenuntergänge der Tour. Vielleicht sogar den Besten, die Sonne schien sich immer mehr zu vergrößern, als sie sich dem Horizont näherte. Der Himmel färbte sich an diesem Abend blutrot.
Am Morgen sind wir weiter nach Pirgos aufgebrochen. Von dort aus fuhren wir landeinwärts nach Olympia. Im Zug beschlossen wir unsere Rucksäcke in einem Hostel zu lassen um uns die antiken Ruinen Olympias anzuschauen. Die beiden anderen konnten ihre Rucksäcke jedoch nicht bunkern, da sie kein Zimmer bezogen. Der Besitzer wollte die Rucksäcke auch sonst nicht nehmen, da er keinen Ärger bekommen wollte, wenn etwas fehlte oder sie ganz verschwunden wären. Ich schrieb mich in das Buch ein. Anschließend bezog ich mein Zimmer. Wir hatten uns in ein paar Minuten draußen auf der Straße getroffen und liefen gemeinsam zum Eingang der Ruinen. Unterwegs beschlossen die beiden zurück zu fahren wenn sie Eintritt bezahlen müssten. Und so kam es dann auch. Wir verabschiedeten uns, ich löste mein Ticket und brach auf, die Ruinen zu erforschen.
Die Kultstätte entstand etwa in der Mitte des 11. Jahrhunderts v. Chr. Die Abhaltung der regelmäßigen Wettkämpfe fand nicht vor dem 7. Jahrhunderts. v. Chr. statt. Die offiziellen Spiele wurden bis 426 n. Chr. ausgeführt. Durch ein Erdbeben im frühen 7. Jahrhundert n. Chr. ist die alte Kultstätte unter einer Schlamm- und Geröllschicht verschwunden. In den folgenden zwei Jahrhunderten wurde die Kultstätte zusätzlich mit einer bis zu fünf Meter dicken Sandschicht überzogen und erst im Jahre 1766 wieder entdeckt. 1874 begannen die Ausgrabungen und Jahre darauf die Restaurierungen.
Das Heiligtum von Olympia durchlebte in dieser Zeit mehrere Epochen. Es begann mit der Archaische Zeit. Klassische Zeit, in der der Tempel des Zeus errichtet wurde, oder auch das Stadion mit etlichen weiteren Bauten. Hellenistische Zeit in der unter anderem das Gymnasion errichtet wurde. Zuletzt die Römische Zeit, in der viele Thermen entstanden sind.
Entlang der Wege zwischen den Kultstätten säumen menschliche Steinbildungen vom Ausmaß der damaligen Kunst und Handwerk. Manche Gebäude waren einigermaßen gut erhalten bzw. restauriert, bei andern war nur noch der Grundriss zu erkennen. Durch den Eingangsbogen gelangte ich in das Stadion. Das Austragungsfeld war gut zu erkennen. Auf dem Boden sind noch heute die Rillen der Start- und Zielschwellen zu erkennen. Auf den mit Gras bewachsenen Hügeln die einst als Tribünen dienten, versuchte ich eine Vorstellung zu bekommen wie es einst gewesen sein musste.
Mit vielen neuen Eindrücken verließ ich am späten Nachmittag die Kultstätten und kehrte in das Hostel zurück. Am Abend saß ich auf dem Balkon, mit Blick auf den Zitronenbaum der bis in den zweiten Stock des Hostels reichte. Katzen liefen durch den Hinterhof, von denen eine über meinen Balkon lief. Ich blickte ab und zu über die Dächer der umliegenden Häuser, schrieb Postkarten und genoss die kühle Abendluft.
In den nächsten Tagen rollte der Zug langsam in dem Bahnhof von Patra ein. Von Patra aus wollte ich Griechenland mit der Fähre verlassen. Schon bei der Ankunft am Bahnhof waren Scharen von Backpackern und Reisende mit Koffern auszumachen. Ich folgte den Massen, da ich nicht genau wusste in welche Richtung ich zu gehen hatte. All die Menschen strömten direkt zu den ganzen Büros der Schiffsfahrtgesellschaften. Im Büro von Blue Star Ferries bekam ich mit Vorlage meines Interrailtickets einen ordentlichen Rabatt auf mein Ticket. Ich bezahlte somit nur die Hafentaxe von 16 Euro. Auf dem Schiff angekommen traf ich Leute aus der ganzen Welt. Nur schade, dass mein Englisch zu diesem Zeitpunkt noch sehr schlecht war und ich mich nicht so einfach und vor allem nicht schnell wie manch ein anderer unterhalten. Ich traf jedoch auf Phillip, einen Professor der Universität von Detroit in Amerika. So lernte ich etwas Englisch und er etwas Deutsch. Am frühen Abend legte die Fähre am Dock von Patra ab, mit Kurs auf die Insel Korfu und weiter nach Brindisi an der italienischen Adriaküste. Wir sollten früh am nächsten Morgen in Brindisi eintreffen, nach 16 Stunden Überfahrt. Dies war meine längere Bootsfahrt. Die Schiffsschrauben wühlten das Wasser gewaltig auf und wir zogen einen gut 15 Meter breiten Schweif im Wasser hinter uns her, die noch bis zum Horizont zu erkennen war. Zum Sonnenuntergang fuhren wir noch immer an einigen Inseln vorbei. Die Schleierwolken färbten sich leicht orange bis tiefe blutrot. Die Strahlen der Sonne spiegelten sich im Wasser. Eine Möwe flog schreiend durch das Bild und landet auf der Reling. Im Hintergrund zogen Bergketten vorbei.
Zum schlafen legte ich mich auf ein Bank, der Rucksack diente als Kopfkissen und der Blick schweifte in die dunkle Nacht. Ab und zu erschien ein kurzes Blinken in der Ferne, es war der Leuchtturm einer Insel. Dazu höre ich „Sail Away“ von David Gray.
Als ich die Augen öffnete spürte ich gleich diese Kälte. Es regnete. Der erste Regen seit meiner Ankunft in Athen. Es war ungemütlich. An der Bar bestellte ich mir einen Kaffee um wach zu werden. Kurze Zeit darauf verließ ich das Schiff und folgte, wie schon in Patra, den Menschenmassen die zum Bus strömten der zum Bahnhof fuhr. Es herrschte die ganze Zeit über eine Hektik, die Busse waren überfüllt und die Menschenmassen strömten von überall her. Erst ein paar Stationen weiter leerte sich der Bus. Am Bahnhof angekommen, teilten die unterschiedlichsten Routen die Reisenden auf. So fuhren die meisten in den Norden. Ich dagegen brach in Richtung Südwesten auf. Sizilien war mein nächstes Ziel. Dazu legte ich in den nächsten Tagen über 600 Kilometer zurück. Nach so viel Jubel und Trubel der letzten vergangenen Tage brauchte ich etwas Ruhe. Ich fuhr durch weit vom Tourismus entfernte Gebiete, dennoch schöne Landschaften und nette Menschen. Die meiste Zeit habe ich jedoch mit lesen und schreiben verbracht. Am späten Abend gegen 23 Uhr bin ich in dem kleinen Küstenort Bianco angekommen. Auf dem Campingplatz gegenüber dem Bahnhof erhielt ich zur späten Stunde noch einen Platz. Todmüde stellte ich das Zelt auf, hatte etwas gegessen und schlief auch gleich ein. Am nächsten Vormittag fuhr ich in Reggio di Calabria ein. Am Schalter der Schiffsfahrtgesellschaft buchte ich mein Ticket, um mit der Fähre nach Messina auf Sizilien überzusetzen. Schon von weitem konnte ich die goldene hoch stehende Statue am Hafeneingang von Messina ausmachen. Die Fähre manövrierte vorbei an all den anderen Schiffen im Hafen. Ein Bild, wie ich es zuvor in Patra sah, nur das hier die Schiffe deutlich kleiner waren. Am Bahnhofsgebäude liefen Beamte mit Maschinengewehren herum. Ich hatte so ein Bild zuvor mit meinen eigenen Augen noch nicht gesehen. Die erste Situation an der ich an die Mafia dachte. Man bekommt davon jedoch nicht viel mit. Das einzige Mal, dass ich dass Wort Mafia hörte, war in Giammoro, als wir sizilianische Spezialitäten genossen. In einem Straßenkaffee kaufte ich mir etwas zu trinken und lief zu den Bahnsteigen. Mit dem nächsten Zug rollte ich Richtung Süden nach Catania. Während ich lesend auf der Bank am Bahnsteig saß, sprach mich Sebastian aus Österreich an. Er war alleine unterwegs. Nachdem ich ihm von meinen Plänen erzählt hatte, entschlossen wir uns, zusammen weiter zu reisen. So fuhren wir gemeinsam nach Syracusa, das wir gegen Abend erreichten. Als wir am Stadtrand angekommen waren lief Sebastian in einen kleinen Laden auf der anderen Straßenseite. Zurück kam er mit einer Flasche Wein. Wir liefen noch ein Stück weiter und fanden außerhalb der Stadt zwischen Schilf direkt am Meer einen schönen Nachtplatz. Am Abend saßen wir am Strand unterhielten uns, hörten Coldplay und tranken den Wein.
Am nächsten Morgen liefen wir in die Stadt, schlenderten durch die Gassen, besichtigten die alte Festung Castello di Maniace, die Fonte Aretusa mit all den Enten die darin geschwommen sind und verbrachten den Nachmittag selbst mit schwimmen an einen der vielen kleinen Strände zwischen der Promenade.
Am Nachmittag fuhren wir in das nördlich von Catania liegende Riposto. Nach einem qualvollen Fußmarsch in der prallen Mittagssonne kamen wir endlich an unserem Campingplatz, der am Meer lag an. Im Inland hinter uns lag der Ätna. Den Rest des Tages hatten wir mit ausruhen, Wäsche waschen und lesen verbracht. Zum Abendessen hatten wir Spagetti.
Nach einer Dusche am nächsten Morgen, lief ich über die Straße zum Strand. Das klare Wasser schwappte über den Steinstrand.
Wir beschlossen zurück zum Bahnhof zu laufen, um mit der Bahn um den Vulkankegel des Ätnas zu fahren. Dies war die bis dahin für mich aufregendste Zugfahrt meiner Interrailreise. Ich wusste schon im Voraus, dass dies ein besonderes Highlight sein wird.
Unsere Rucksäcke ließen wir in dem kleinen Vorraum auf einer Ablage zurück. Die Sitze des Zuges waren mit altem rot-braunem Leder bespannt. Es herrschte eine schwüle Hitze in den Wagen. Manche Fenster standen halb geöffnet. Der Schaffner erschien. Wir hatten unsere Tickets gelöst, die noch mit einem Handstanzgerät passend auf unsere Route zugestempelt wurden. Es gab eine Spalte für die Cent Beträge, eine für die Euro Beträge und die letzte für die Haltestellen der Bahnhöfe. Zum Glück sprach Sebastian etwas italienisch, da der Schaffner so gut englisch gesprochen hatte wie ich italienisch. Bald darauf verließ der Zug den Bahnhof Catania. Die Steigung nahm zu. Die Strecke verlief einspurig. Wir blickten über die ersten Häuserdächer Catanias hinweg. Nach weiteren Dächern folgte dann der Blick auf das Meer. Die ersten Plantagen reihten sich weit über die Berghänge. Sie begleiteten uns die ganze Zeit, mal mehr Mal seltener. Vorbei an unterschiedlichen Zitrusfrüchte wie Zitronen, Orangen oder Mandarinen. Ebenso zahllose Olivenbäume von klein bis groß. Zwischen all den Bäumen sah man orangefarbene Wasserleitungen. Ich genoss die Fahrt in allen Zügen. Vom Fenster aus verfolgte ich die Route als mir der Wind durch die Haare wehte. Langsam fuhren wir in einer Kurve über ein Steinviadukt. Kurz darauf stoppte der Zug am ersten Bahnhof. Der Zug rollte gemütlich weite über die Ebene. Die Blicke reichten jetzt über grüne, leicht hüglige Landschaften. Zwischen drin immer wieder die terrakotta farbigen Dächer der Häuser. Im Hintergrund erhoben sich die kahlen steilen Flanken des Ätnas. Aus dem Krater stieg dünner aber dennoch gut erkennbarer Rauch auf.
Der Ätna misst über 3300 Höhenmeter und zählt als aktivster Vulkan Europas. Bald waren die Spuren der Ausbrüche zu sehen. Ausbrüche waren und sind am Ätna keine Seltenheit. Erste Eruptionen sind seit 1500 vor Christus bekannt und reichen bis heute. Im Laufe der Zeit sind mehrere Nebenkrater in und um den Hauptkrater entstanden.
Als der Zug näher an die Flanken des Berges rollte, erkannte ich zwischen der mittlerweile zu Büschen wechselnder Landschaft das dunkle Vulkangestein, was einst als flüssiges Lava die Berghänge herunter floss. Ich konnte die verschiedensten Formen ausmachen, ein paar Meter von den Häusern entfernt. Auch manch ein Lavastrom so wie er den Berg einst herunter floss war zu erkennen. Ein Stück der Zugstrecke schien gerade zu in das schwarze Gestein gehauen zu sein. Es war ein einmaliges und tolles Erlebnis für mich.
Am späten Nachmittag fuhr der Zug in einem Vorort von Catania ein. Unsere Rundfahrt um den Ätna ging hier zu Ende. Ein Bus brachte uns zurück zum Bahnhof von Catania.
Wir nahmen den nächsten Zug nach Messina, von wo aus wir weiter Richtung Westen sind, um einen Nachtplatz zu finden. Etwas außerhalb des Vorortes Giammoro fanden wir direkt am Strand auf einer Anhöhe eines trockenen Flussbettes einen Zeltplatz. Wir hatten diesen Platz bei Dunkelheit mit Taschenlampen erreicht, stellten das Zelt auf und schliefen bald ein. Am nächsten Morgen wurden wir von seltsamen Geräuschen geweckt. Ich lugte aus dem Zelt und konnte meinen Augen nicht trauen. Vor uns, nur ein paar Meter entfernt, standen Kühe.
Nach diesem einmaligen Erlebnis, einem Frühstück am Strand, und nach einem langen Fußmarsch, fanden wir uns in der Stadt wieder. Im La Gustomania verspeisten wir sizilianische Spezialitäten. Teig, gefüllt mit Reis, Gemüse und Fleisch. Alles wurde frisch zubereitet. Die beiden Besitzer lebten in vergangener Zeit für 20 Jahre in Hamburg. Wir hatten einen schönen gemeinsamen Vormittag. Die Getränke gingen auf das Haus und ich versprach das nächste Mal vorbei zu schauen, wenn ich in der Nähe bin.
Zurück am Bahnhof mussten wir noch eine Weile auf unseren Anschlusszug nach Messina warten. Nicht lange nachdem wir uns auf eine Bank am Bahnhof gesetzt hatten kam ein Straßenhund herbeigelaufen. Sein Fell war beigefarben mit einem schwarzen Streifen auf dem Rücken. Das Fell war jedoch rau und geprägt von der Straße, dennoch ein schöner Hund. Er trug außerdem kein Halsband, was mich die ganze Zeit, als wir auf den Zug warteten beschäftigte. Ich meinte zu Sebastian ich hätte mir überlegt ihn mitzunehmen wovon er nicht so begeistert war. Es wäre auch nicht leicht gewesen da ich ja keine Papiere für den Hund besaß und so spielte ich noch eine Weile mit ihm bis wir ihn den Zug einstiegen. Ich überließ ihn seinem Schicksal.
Langsam aber sicher hieß es Sizilien wieder zu verlassen und auf das Festland zurück zu kehren.
In Messina kauften wir ein Ticket für die Fähre und setzten noch am selben Tag über. Wir fuhren an diesem Tag noch bis Paola, da wir Strecke machen wollten und ich schon auf Pompei brannte. Wir liefen in die Stadt, kauften in einem kleinen Supermarkt Pasta und Tomatensoße, dazu frische Tomaten und Mozzarella für einen Salat. Es war schon kurz vor Sonnenuntergang als wir vor einem Stein, der uns Windschutz bot am Strand von Paola saßen. Wir rollten unsere Schlafsäcke aus, bereiteten das Abendessen vor und genossen den Ausblick. Unweit lodert ein Lagerfeuer, das auch für uns ein schönes Ambiente bot. In der Nacht liefen ab und zu Leute am Strand entlang, so dass wir uns entschieden hatten in Etappen zu schlafen um die Rucksäcke nicht unbewacht zu lassen. Wir beide bekamen jedenfalls nicht genug Schlaf und um kurz vor sechs Uhr fanden wir uns schon wieder am Bahnhof ein, um weiter bis nach Pompei zu fahren. Nach einer kurzen Wäsche in der Bahnhoftoilette saßen wir auch schon im 2. Klasse Abteil unseres Zuges.
Schon seit langem nicht mehr sind mir diese Touristenmaßen, wie am Bahnhof von Pompei, begegnet. Nicht einmal bei der Rundfahrt um den Vulkan Ätna oder auf der Akropolis in Athen. Überall liefen Menschenmassen. Wir hatten sogar Schwierigkeiten den Eingang des alten Pompejis zu finden. Vorbei an etlichen Touristenläden, die alles nur erdenklich verkauften, fanden wir ihn dann doch, den Eingang zur antiken Stadt Pompeji.
Die Gründung Pompejis ist bis auf das 7. Jahrhundert v. Chr. zurückzuführen. Nach einem heftigen Ausbruch des Vulkans Vesuv wurde die Stadt 79 n. Chr. Von einer dicken Ascheschicht überzogen. Es regnete Bimsstein vom Himmel herab. Der Untergang der Stadt Pompejis. Offiziell begannen die Ausgrabungen im Jahr 1748. Noch heute sind Forscher und Archäologen in der antiken Stadt tätig.
Ich war sehr beeindruckt von den gut erhaltenen Gebäuden im Vergleich zu Olympia. Wir liefen durch ein Labyrinth von Gassen. Wir erkannten die mehren Zentimeter tiefen Wagenspuren, die sich vor etlichen hunderten von Jahre in den Stein schliffen. Selbst die Wasserrinnen daneben waren zu erkennen. Auf beiden Seiten Ragen die Steinmauern empor. An der rechten Wand ist der Verputz, ein Stück weiter konnte ich rot geschriebenen Buchstaben ausmachen. Die Schriften waren Original und manche wurden durch eine Scheibe gegen den Zahn der Zeit geschützt. Im Hintergrund thront der stumpfe Vulkankegel des Vesuvs.
Von weitem erkannte ich den Glaskasten. Darin auf dem Boden lagen die erhaltenen Gipsabdrücke von Opfern des Vulkanausbruchs. Erwachsene sowohl Kinder in den unterschiedlichsten Körperhaltungen. Ein Gesicht mit offenem Mund und großen Augen erblickte mich. Im war Angst und Furcht abzulesen. Festgehalten für die Ewigkeit.
In vielen der Häuser, in denen einst wohlhabende Personen lebten, zierten Gemälde die Wände. Viele Gemälde wurden im Laufe der Zeitepochen übermalt. Eines der eindruckvollsten fand ich in der Villa die Misteri.
Die Innenhöfe der Privathäuser (meist Villen) wurden getragen von mächtigen Saulen, diese zeugten und bestätigten den Wohlstand der Besitzer (Stadträte, Politisch Einfluss habende Personen). In der Mitte der riesigen Foyers befanden sich Thermalquellen mit kleinen vorhandener Kacheln.
An einer Straßenecke erkannte ich die Überreste eines Ofens. Im Inneren des Raumes stand eine Theke. Auf einem Schild las ich das in dem Inneren der eingelassenen Krüge in der Theke essen zubereitet wurde. Ich stand in einer der über 2000 Jahre alten Küchen.
Die Stadt fasziniert mich, ich bin beeindruckt und versuchte mich immer wieder in all den Bereichen in denen die Unterschiedlichsten Menschen lebten hinein zu versetzen.
Gegen späten Nachmittag fanden wir uns am Ausgang bei den Touriständen wieder. Ich kaufte noch ein paar Postkarten, die die bisherigen erlebten Erfahrungen nach Deutschland mitteilten.
Sebastian und ich fuhren weiter nach Nepal. Ich konnte es erst gar nicht richtig Glauben, aber hier trennte sich unser Weg. Die letzte Woche war für mich ein schönes, manchmal stressiges aber dennoch ein Tolles Erlebnis, dass ich bei meiner ersten Tour nur ungern missen wollte. Ich war froh einen Reisebegleiter wie Sebastian gehabt zu haben. Er brach auf in Richtung Brindisi, um die Fähre nach Griechenland zu nehmen. Ich fuhr weiter nach Rom.