Um kurz vor halb acht wurde ich wieder wach. Diesmal schlief ich nicht wieder ein. In unregelmäßigen Abständen hörte ich das sanfte leichte prasseln des Regens auf dem Außenzelt. Um kurz nach halb acht wurde das Tropfen stärker und hielt etwa 20 Minuten an. Dank dem permanenten stark wehendem Wind war das Zelt innerhalb weniger Minuten trocken. Um kurz nach acht Uhr habe ich im Zelt alles gepackt, mich angezogen. Zuletzt die Schuhe in der Apside. Der Wind wehte immer noch als ich das Zelt zusammenpackte. Es war aber nicht kalt.
Der Himmel war spektakulär bewölkt. Ständig veränderte sich das Wolkenbild am Himmel. Den Rucksack fertig gepackt, lief ich die bereits schon gelaufene Strecke am Strand vom Vortag nach Noja. Dabei ging über dem kleinen Anstieg, von dem ich am Tag zuvor das erste Mal den Strand von Noja sah die Sonne auf. Es konnte nur ein guter Tag werden.
Nach dem Aufstehen am Strand bei Noja.
Ich lief zu einem Café zu Beginn des großen Platzes in der Stadt. Dort bestellte ich meinen Kaffee und ein Napolitan. Bisher das Beste das ich in Spanien gegessen hatte. Einige Minuten später lief ich weiter. Ich stoppte nochmal kurz bei einem Supermarkt um mich für die bevorstehende Etappe bis Santander mit Proviant einzudecken. Vor mir lag eine etwa 30 Kilometer lange Etappe. Schon auf dem Weg dorthin vielen die ersten Regentropfen. Auch nach dem Verlassen des Lebensmittelgeschäfts hörte es nicht auf. Im Gegenteil, der Regen wurde stärker sodass ich unter einem Dach Unterschlupf suchte. Ich stand dort eine ganze Weile, vielleicht 30 Minuten oder so. Es hörte nicht auf und der Regen war noch immer so stark, dass ich innerhalb weniger Minuten komplett durchnässt gewesen wäre. Im Schutz der Fassaden lief zwei Häuser zurück und ging wieder in ein Café. Im Las Palmas bestellte ich zuerst einen weiteren Kaffee. Nach einer guten Stunde hörte es noch immer nicht auf und ich bestellte Tortilla und nochmal Kaffee. Ich wollte unbedingt weiter, nicht nur, weil ich am Vortag eine sehr kurze Etappe gelaufen war, sondern auch weil ich an diesem Tag noch nicht einmal das Ortschild in dem Ort indem ich übernachtet hinter mir gelassen hatte. Es war bereits 11 Uhr und ich wollte endlich weiter.
Irgendwann kam mir der Gedanke einen Bus zu nehmen. In diesem Ort waren alle Unterkünfte geschlossen und fürs zelten war es definitiv zu nass. Ich hatte das schon vielmals zuvor gemacht. Vor allem in Schottland aber da gab es keine andere Alternative.
Nun ist es ja auch so, dass ich auf Pilgerreise bin und dass mit einer Busfahrt ist dann auch nicht ganz so einfach. Vielleicht hat es mit dem Ego zu tun aber auf dieser Reise spielt das für mich keine Rolle. Auch damit hatte ich bereits Erfahrung. Vor drei Jahren bin ich von der französischen Grenze bis Lissabon gelaufen. In den etwa 2,5 Monaten habe ich etwa 2000 Kilometer zurückgelegt. Damals war es mir sehr wichtig keinen Bus zu nehmen. Totale Entschleunigung. Nur zu Fuß. Ich bin auch nicht mit dem Elektrico gefahren. Auf jeden Fall verstehe ich jeden der sagt, „Bus ne das geht gar nicht“.
Nun war ich also zurückgelaufen in die Stadt und auf der Suche nach dem Ort von wo der Bus nach Santander abfahren würde. Der erste Anlaufpunkt war die Touristeninfo die geschlossen hatte. Als ich mich von der geschlossenen Tür abwendete, blickte ich in die Richtung eines Mannes der direkt auf mich zu kam. Ich sprach in daraufhin an und er zeigte in die Richtung der Haltestelle. Er machte kehrt und lief mit mir zusammen und dem Regenschirm in seiner Hand über den großen Platz. Der Wind wehte so stark, dass er seinen Schirm beinahe zerdrückt hätte. Gemeinsam bogen wir ihn wieder zurück und liefen weiter. Es war zu lesen, dass der Bus erst um 15.15 abfuhr. Fast vier Stunden waren es noch bis dahin. Wir liefen zu einem Café das er vorgeschlagen hatte. Er bezahlte einen Kaffee. Der dritte an diesem Tag für mich. Es war noch nicht mal 12 Uhr. Dazu bekamen wir ein paar Pinchos und ein bisschen Suppe. Nach einer Weile kamen seine Frau und eine Bekannte. Die drei die mir Gesellschaft leisteten kommen ursprünglichen aus dem Baskenland. Die Bekannte war spürbar stolz aus Bilbao zu kommen. Nach einer Weile verabschiedeten sich die drei und wünschten mir „buen Camino“.
Ich verbrachte die restliche Zeit in dem Restaurant, studierte die weitere Route und las ein bisschen. Irgendwann bestellte ich ein Glas Wein. Nochmal eine bisschen später bestellte ich das Tagesmenü. Somit war ich am Höhepunkt des kulinarischen Tages angekommen.
Als Vorspeise gab es die Suppe die ich schon zuvor probierte. Zum Hauptgang frische Fischspiese und Kartoffeln. Zum Nachtisch Schokoladenkuchen.
Um kurz nach 15 Uhr, gut gesättigt und mit fast einer ganzen Flasche guten Rotwein, lief ich zur Bushaltestelle gegenüber einer Bank bei der ich das Ticket an einem Automaten löste. Ich bekam noch mit wie wir einige kleine Orte passierten in denen der Bus anhielt. Dann bin ich eingeschlafen und erst wieder in den Vororten von Santander aufgewacht.
Alsa ist für alle da, auch für wasserscheue Pilger.
Der Busbahnhof ist ziemlich zentral. Ich fand sehr schnell wieder den Camino, dem ich bis zur Pilgerherberg folgte. Als ich ankam war niemand da. An der Türe hing ein Zettel mit zwei Telefonnummer. Unter der ersten Nummer erreichte ich niemand. Unter der zweiten erreichte ich einen Hospitalero, der versprach in wenigen Minute da zu sein.
Unten am Eingang hörte ich etwas und schaute nach. Ich traute meinen Augen erst gar nicht als ich dort einen Pilger mit seinem blauen Poncho sah. Es regnete noch immer. Georges war der erste Pilger den ich traf. Ich erzählte, dass gleich jemand kommen würde. Kurz darauf wurde die Herberge geöffnet. Georges musste etwas an seinem Rucksack reparieren und ging in die Stadt. Ich habe geduscht und Wäsche gewaschen.
Am Abend saßen wir zusammen, kochten etwas und erzählten unsere Geschichte bei einer Flasche Wein. Nun hatte ich doch einen Pilger auf dem Camino del Norte gefunden. Wir beschlossen am nächsten Tag gemeinsam in Richtung Santiago aufzubrechen.
In der kleinen Küche war keine große Einrichtung vorhanden. Wir machten das Beste daraus.
Es hat sich eine Weile gezogen bis wir die Vororte von Santander hinter uns gelassen hatten. Als es aber soweit war, ergaben sich die ersten Blicke auf die Picos de Europa. Die über zweitausend Meter hohen Berge waren schneebedeckte.
Gleich zu Beginn sahen wir einen weiteren Pilger. Wir sollten Georges Eduard noch kennenlernen.
Im Inland erheben sich die Picos Europa.
Gegen Ende der Etappe auf dem Camino.
Wegweiser unterwegs. Noch ein weiter Weg bis nach Santiago.
Wir liefen am Abend bis zu einer kleinen Herberge am Wegesrand. Dort wurden wir von einer Frau angesprochen die uns auf eine Herberge hinwies.
Eigentlich wollten wir noch ein Stück weiter. Aber diese sei geschlossen so erzählte sie uns. Wir registrierten uns, bekamen einen weiteren Stempel in unser Pilgerausweis und wechselten die Straßenseite zur Herberge, die nur wenige Meter weit von ihrem Wohnhaus entfernt lag. Auch an diesem Abend hatten wir uns ausgiebig kulinarisch versorgt. Als Aperitif hatten wir Vermont (während der Zeit mit Georges habe ich so viel Vermont und Martini getrunken wie noch nie zuvor), dazu Iberico Jamon, gefüllten Oliven (Anchovis) und Brot. Zum Hauptgang Angula (Baby Aal), zubereitet mit Olivenöl und Knoblauch, gekochte mit meinem Kocher, dazu Salat und Wein.
Beim Abendessen.
Der zubereitete Angula.
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