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Von Landmannalaugar durch die Sprengisandur in den Norden


Knapp 100 Kilometer legte ich nochmals auf der Ringstraße zurück. Landschaftlich atemberaubend. Was für ein Bild sich mir bot. Dann erreichte ich die gewollte Abzweigung. F208. Nach Landamannalaugar. Bis dorthin waren es noch mal 70 Kilometer. Ich dachte diese sollte ich gut an einem Tag schaffen. Ich täuschte mich. Ich war zu verwöhnt von dem Asphalt und den praktisch nicht vorhandenen Anstiegen seit Der Gletscherlagune. Ich schaffte am ersten Tag gerade einmal 50 Kilometer. Das war okay. Es gab die wunderschöne Landschaft durch die ich fuhr und an der ich mich erfreute. Zu Beginn hatte es den Anschein als rollten die grün bewachsenen Hügel nur so durch das Land. Geformt in der Zeit als die Gletschermassen sich zurückzogen. Auf Schotterpisten rumpelte ich durch die Landschaften.

Sehr bald kamen die ersten Troll ähnlichen Lava Gesteinsformationen an denen ich vorbei fuhr. Bizarr und wild waren sie. Ich hielt Ausschau nach den Tolle, keiner war zu sehen. Auch kein Hobbit oder ein Ork der wie ich auf der Suche war. Nichts. Nur die wild zerklüftete Landschaft. Nur ab und zu passierte ein 4WD. Normale Autos durften hier nicht merh fahen, Bald fuhr ich auf dem ersten schwarzen Sand. Er war fest. Nur an sehr wenigen Stellen weich sodass ich kurz eingesunken bin und feststeckte. Das passierte aber nicht oft. Ich erkannte die Stellen und fuhr drum herum.

Bis nach Landmannalaugar hatte ich 15 Furten zu bewältigen. Ich wusste bereits dass diese kommen sollten. Ich stellte mich darauf ein und freute mich auf die extra Portion Abenteuer. Die Bach bzw. Flussläufe sind entsprungen von Quellen. Noch kein Gletscherwasser. Es war zwar kalt aber eben nicht so kalt wie das Schmelzwasser vom Eis. Zum Furten musste ich des Öfteren anhalten, die Schuhe ausziehen und die Hosen hochkrempeln. Ich zog die Crocs an und schob das Rad leicht gegen die Strömung auf die andere Seite. Ich hatte keine Probleme dabei. Bei kleineren Furten konnte ich die Schuhe anlassen und fuhr einfach so hindurch. Manche waren so knapp das ich mit der Pedalstellung aufpassen musste. Wenn ich links oder rechts zu tief auf dem Pedal stand bekam ich nasse Schuhe. Ein Glückspiel das ich herausforderte. Im Packsack hatte ich noch Ersatz für die nassen gewordenen Schuhe.

Landmannalaugar ist ein Farbenparadies. Dies wussten auch andere. Ich war erstaunt über die Massen an Touristen die sich hier aufhielten. Ich wusste erst gar nicht wie die alle hierher gekommen sind. Die meisten mit den Bussen die in Reihen standen, aber auch viele Individualreisende wie ich auch. Die wenigsten per Rad. Einige andere sind zu Fuß hier gekommen. Es gibt einen sehr bekannten Wanderweg der vom Süden von Posmörk oder Skogar hierher führte. Ich erfuhr bereits an meinem ersten Tag der Ankunft in Reykjavik am 10 Juni davon. Damals liefen in nur sehr wenige. Jetzt ist einer von den 10 besten Hikes der Welt ziemlich überlaufen. Ich entschied mich dagegen ihn zu laufen. Ich wollte Rad fahren, Rad fahren in der Wüste. Ich schaute mir dennoch Landmannalaugar für einen Tag an. Ich hatte Glück den es war fast strahlend Blauer Himmel. Nur für einen Tag. Also wieder einmal zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Es war eine reine Farbenpracht die mich bei einem Rundlauf von knappen 7 Kilometer erwartete. Die Berghänge schimmerten in Gelb-Karamell, bis Rot Töne. Unglaublich schön. Dazwischen verdampfte heißes Wasser und es roch nach Schwefel. In der Mitte von all dem Geschehen liegt ein zerklüftetes Lavafeld. Am schönsten war der Anblick von einer Anhöhe aus. Von dort hatte ich den besten Überblick.

Landmannalaugar ist auch bekannt für den größten natürlichen Hot Pot Islands. Das Becken hat immerhin eine stolze Länge von etwa 20 Meter. Tagsüber war er gnadenlos überfüllt. Jeder wollte sich das Gute antun. Auch ich, aber erst spät Abends als deutlich weniger Menschen im Pool waren. Der Wasserstand war nicht sehr tief. Dennoch zog ich einige Runden bis zum Ende des Pots. Es war schon irre schön, umso weiter ich mich von dem Hauptpool entfernte desto kälter wurde es. Jedes Mal wenn ich dabei eine Stelle erreichte an der warmes Wasser aus dem Boden quoll, fühlte es sich unglaublich gut an. Wenn es zu kalt wurde, schwamm ich zurück zum Pot wo sich das extrem heiße Wasser mit dem kühleren mischte. Jetzt entspannte ich in dem warmen Wasser. Das letzte Stück auf der F208 bis zur 26 war noch mal sehr schön. Ich fuhr auf festem schwarzen Sand durch eine weite Ebene. Umgeben von Lavagestein und vereinzelten Bergen in der Ferne aber auch nicht weit weg von mir. Die Bergflanken waren bewachsen mit grünem Moos. Ich konnte die Abläufe erkennen in denen das Wasser ablief. Das letzte Stück war sehr unwegsam. Die Laufräder holperten über die unwegsame Piste. Ausgewaschen vom Regen. Gezeichnet vom Wind. Und nicht zuletzt von den Vehikeln die hier bereits fuhren. Auf dem letzten Stück das ich im Schneckentempo bergab fuhr (wieder zwecks dem Straßenzustand) traf ich eine Familie die mit Kindern unterwegs war. Alle auf Fahrrädern. Die Kinder auf Anbauten hinter ihren Eltern. Bereits die zweite Familie die ich in Island traf. Mit in Begleitung war ein Israeli. Er kam aus Jerusalem und wir verstanden uns von Beginn an. Nicht nur weil wir dieselbe Musik hörten sondern weil wir Ansichten und Erfahrungen Teilen konnten. Was er außerdem noch mit mir Teilen wollte waren seine Lebensmittel. Ich hatte fast nichts mehr und wollte diese an dem letzten Roadhous vor der Sprengisandur auffüllen. Ich glaube wir redeten bestimmt knappe zwei Stunden, futterten dabei ein Handvoll seiner Nüsse und lachten viel dabei.

Ich fuhr an diesem Abend noch bis zum Roadhous. Dort stellte ich fest dass es keine richtigen Lebensmittel zu kaufen gab. Auch beim Nachfragen bekam ich nichts. Auch kein Brot. Dafür lagen Unmengen von Süßigkeiten zu extrem hohe Preise im Regal hinter der Theke. Das Roadhouse ist eher ein Restaurant mit Unterkunft mit extrem hohen Preisen. Ich stand eine ganze Weile vor der Theke bis ich etwas Aufmerksamkeit bekam. Während der Junge Mann hinter dem Tresen etwas in die Kasse eintippte wurde ich bedient. Komische Situation aber ich fühlte mich nicht sehr willkommen. Ich verließ das Roadhous mit ein paar Süßigkeit. Wie sich herausstellen sollte waren es ein paar zu wenig.

Ich füllte nochmals die Brennstoffflasche mit Benzin auf und fuhr kurz darauf los. Ich fuhr vorbei an dem Schild das den nächsten Service erst in etwa 250 Kilometer ankündigte.

Ich war voller Vorfreude, die längste Nord-Süd Durchquerung Island lag vor mir. Ich mag solche Herausforderungen immer. Solche Wege führen einen immer an seine Grenzen, man erfährt wo man steht, wie es Aussieht und man lernt weiter zu gehen. Etwas zu wagen, etwas zu riskieren. Was auch immer das sein mag. Ich würde es schon merken.

Ich war voller Hoffnung Rückenwind zu haben. Einige Wochen zuvor hatte ich auf dem Kjölur bereits schon Gegenwind. Er wehte damals von Süden. Da ich jetzt unterwegs in den Norden war, war klar dass ich vom Wind eigentlich geschoben werden musste. Die Betonung liegt auf „eigentlich geschoben werden musste“. Sprich abermals sollte mich Gegenwind erwarten. Und das nicht so wenig. Ich konnte damit bereits schon ganz gut umgehen. Die Schwierigkeit besteht nur daran, dass ich einen sehr guten Tag haben konnte, sprich um die Hundert Kilometer zurücklegte. Dabei geht es dem Menschen gut, die Gedanken haben freien lauf, man kommt vorwärts, es tut sich etwas. Dann der Folgetag. Es schüttet aus Eimern. Nicht nur für ein paar Stunden. Manchmal fast den ganzen Tag. Der Wind schlägt einem dabei in das Gesicht, zermürbt, versucht es immer und immer wieder. Dies ist die Zeit in der vor allem die Psyche auf die Probe gestellt wird. Die Mentale Einstellung spielt aber eine ebenso große Rolle. -Wie weit kannst du dich motivieren, dich nicht unterkriegen lassen, das gute an der Situation zu erkennen. Ändern kannst du es nur wenn du stoppst und das Zelt aufbaust. Sofern du einen geeigneten Platz in der Situation finden solltest-. Diese und unzählige weitere  Gedanken schießen einem Radfahrer durch den Kopf wenn er sich in einer solchen Lage befindet. Wichtig dabei ist es immer so gut es geht aus solchen Momenten zu kommen. Auch wenn das nicht gleich zu Beginn der Fall sein sollte.

Nun ja am ersten Tag legte ich fast 70 Kilometer zurück. Am Tag darauf nur 30. Mental zu schaffen machte mir auch die Tatsache das ich viel zu wenig Lebensmittel dabei hatte. Kein Milchpulver mehr. Nur noch Haferflocken, etwas Honig (für den Geschmack) und etwa 400 Gramm Reis. Nach zwei Tagen hatte ich keine Süßigkeiten mehr und somit nur noch etwas morgens und etwas abends zum Essen. Ich fing an den Reis mit etwa 1 Liter Wasser zu kochen auch wenn es eigentlich viel zu viel Wasser war. Optisch wirkte es somit mehr. Ich streckte alles mit dem was ich noch hatte, Gewürze, kleine Ketchup Päckchen und sogar Salatsoße. Einen Gemüsewürfel hatte ich auch noch. Einfach himmlisch wie ich mich auf diese Küche abends im Zelt freute.

Sehr schön fand ich auch das Buch das ich während der Durchquerung gelesen hatte. Andreas Altmann schreibt in „triefst du Buddha töte ihn“ über eine seiner Indienreisen bei der er zehn Tage „Vipassana“ meditierte. Radfahren ist wie Meditieren. Du machst immer dasselbe. Eine Pedalumdrehung nach der anderen. Fast wie auf das Atmen zu achten

Landschaftlich zeigte sich das Hochland von seiner schönsten Seite. Am ersten Tag konnte ich von dem Gebirge Kerlingarfjell über den Hofsjökull bis zum Vatnajökull sehen. Dazwischen Stein und Sandwüste die sich bis zum Horizont hinzog. In der Sprengisandur wieder die ersten grünen Flächen. An dem Zeltplatz  Nyidalur auch eine Wiese auf der ich mein Zelt für eine Nacht aufschlug. Hier bekam ich von der Hüttenwärterin eine Tomatensuppe geschenkt. Ich rührte sie an mit etwas Reis. Himmlisch wie gut das im vergleich zu einer Salatsoße schmeckte. Ich traf hier auch auf Andreas. Andreas wollte unbedingt die F910 nach Askja fahren wie ich es eigentlich auch geplant hatte. Tage zuvor, bei jedem Nachschauen der Isländischen Straßenrouten sah ich das F910geschlossen war. Sowohl die südliche als auch die nördliche Route. Zu viel Schnee war der Grund. Es war der 8. August als ich am Hut Nyidalur aufgebrochen bin. Auch Andres ist weitergefahren. Es war der erste Tag an dem die F910 geöffnet hatte. Ich ärgerte mich nur kurz darüber. Am meisten jedoch dass ich zu wenig essen dabei hatte und somit gezwungen war direkt zur Ringstraße zu fahren. Es waren aber immerhin noch 150 Kilometer bis dorthin. Was mich Mittlerweile weniger störte war das meine Kompaktkamera seit Landmannalaugar nicht mehr ging. Etwas im Objektiv ist kaputt gegangen. Ich vermute eine Linse. Auch beim Aufschrauben des Gehäuses wurde ich nicht schlauer. Bis nach Flensburg in Deutschland werde ich also Bilder ausschließlich mit der Gopro machen. Dann werde ich eine andere Kamera haben die eingepackt, frisch vom Service bereits in Deutschland liegt. Mir wird schon schwindelig wenn ich daran denke sie auf die Färöer Inseln schicken zu lassen. Auf keinem Fall sonst werde ich dort überwintern müssen.

Auch in der Sprengisandur hatte ich Flussdurchquerungen zu bewältigen. Zwei davon waren Gletscherflüsse und die mit dem tiefsten Wasserstand von allen. Ich schob das Rad mit samt den Packtaschen gegen die deutlich stärkeren Strömungen als bisher. Das Wasser war eisig. Jedes Mal wenn ich dass Stative platzierte musste ich zurück um es wieder zu holen. Es spielte keine Rolle auf welche Seite ich es aufbaute.

Am vorletzten Tag fuhr ich noch mal eine sehr große Etappe und schlug nachts gegen 23 Uhr das Zelt auf. Mittlerweile war es zu dieser Zeit schon deutlich am dämmern. Am nächsten Tag stemmte ich mich gegen den Wind der auf mich einfiel. Dazu Dauerregen. Ein Tag, der an den Kräften zerrte. Neben dem Wasserfall Godafoss gibt es einen sehr schönen Zeltplatz hinter einem Restaurant. Er ist etwas geschützt und sehr liebevoll hergerichtet. Es gab eine einfache Dusche. Ich traf dort auf zwei interessante Radreisende. Ich gönnte mir einen Tag Auszeit. Solche Tage sind wie Urlaub. Ich kann die Wäsche erledigen, Akkus laden, Bilder sortieren, schreiben und lesen. Ich verbrachte den ganzen Nachmittag in dem sehr schönen Restaurant mit tollem Ambiente dass ich fast für mich alleine hatte. Das Beste, ich konnte meinen Kaffee immer wieder nachfüllen und die Windstille und Sonne genießen.






 

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Kommentare zu dieser Seite:
Kommentar von Ludo( loupdeauyahoo.fr ), 04.02.2017 um 23:40 (UTC):
Hi Michael,
ich habe heute meine Island-Karte rausgeholt und deine Name und Website stehen drauf. Erinnerst du dich an die zwei Franzosen? Du warst der erste Mensch, den wir nach 6 Tage getroffen haben, während unserer Island-Durchquerung, deshalb hast du hier einen besonderen Platz :
https://youtu.be/9-5VHEABpMU?t=34m7s
Stay outdoor!
Ludo



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